Fünf Fragen mit Jack Norris (Vegan Outreach)

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Für die, die nicht wissen, wer Jack Norris ist: Jack Norris ist der Leiter der US-amerikanischen Nicht-Regierungsorganisiation "Vegan Outreach". Er ist ebenfalls Ernährungswissenschaftler und "registered dietitian", eine im englischsprachigen Raum verbreitete Zertifizierung, für die mindestens ein Bachelor of Science in Ernährungswissenschaften, ein Praktikum in diesem Bereich (Krankenhaus o. ä.) und eine ausführliche Abschlussprüfung sowie Fortbildungen Voraussetzung sind. 


Vor Kurzem habe ich ihm fünf Fragen gestellt ... und hier sind die Antworten:

1) Du hast vor kurzer Zeit eine zweite Ausgabe eures Buches "Vegan for Life" veröffentlicht (veröffentlicht zusammen mit Ginny Messina; die erste Auflage gib es auch auf Deutsch.) . Was sind die wichtigsten Updates, die vorgenommen wurden?

Wir haben Abschnitte zu kohlenhydrat-armer Ernährung sowie zu sogenannten FODMAP-armen Ernährungsformen für Veganer ergänzt und auch den "Vegan For Life Food Guide" überarbeitet, um ihn benutzerfreundlicher zu gestalten. Die meisten Aktualisierungen im Buches beziehen sich auf neuere Forschungsergebnisse zu vielen verschiedenen Themen, aber nichts, was unsere Empfehlungen für die Nährstoffversorgung von Veganern wesentlich verändert hätte.

2) Ich habe entdeckt, dass in den neuesten Broschüren von "Vegan Outreach" keine detaillierten Nährstoff-Infos mehr vorkommen (anders als noch vor ein paar Jahren) ... Informationen wie "Stelle sicher, dass du genügend Vitamin B12 zu dir nimmst". Was war der Grund für diese Entscheidung? Könnte so etwas die Leute abschrecken?

Das ist schon sehr lange her, dass wir Nährstoff-Informationen in einer unserer Einführungs-Broschüren [für Nicht-Veganer] hatten und wir haben immer noch eine ausführlichere Broschüre namens "Guide to animal-free eating", die einen Abschnitt über Nährstoffversorgung bei veganer Ernährung enthält. 
In jüngerer Zeit haben wir unsere Form des Aktivismus verändert. Wir verteilen jetzt weniger Broschüren, sondern arbeiten vielmehr daran, Menschen für unser Online-Programm "10 weeks to vegan" zu gewinnen. Dieses Programm besteht aus einer E-Mail pro Woche und diese enthält dann Ernährungstipps und es gibt auch eine dazugehörige Facebook-Gruppe, die teilweise vom Ernährungswissenschaftler ("registered dietitian") Matt Ruscigno mit betreut wird und der dort Ernährungsfragen beantwortet. Wir haben dieses Programm jetzt für viele verschiedene Länder - Argentinien, Australien und Neuseeland, Brasilien, Kanada, Chile, Frankreich, Indien, Indonesien, Japan, Kenia, Mexiko, Peru, Singapur, Südkorea und die Vereinigten Staaten - und wir arbeiten an noch mehr Versionen für weitere Länder. Seit dem Ausbruch der der COVID-19-Pandemie haben wir unsere Arbeit direkt vor Ort in der Öffentlichkeit komplett eingestellt, aber unsere Umstellung auf Online-Aktivismus hatte den Effekt, dass sich im Jahr 2020 schon fast 180.000 Menschen für das "10 weeks to vegan"-Programm angemeldet haben.

3) Vegan Outreach ist in den letzten Jahren viel internationaler geworden. Sind dir deutliche Unterschiede aufgefallen, bei denen aufgrund von kulturellen Unterschieden usw. ganz andere Strategien vielleicht am sinnvollsten sind?

In Indien gehen wir unterschiedlich vor, je nach dem, ob diese Regionen schon hauptsächlich vegetarisch sind. Daher haben wir zwei verschiedene "10 weeks to vegan" Newsletter entworfen: einen für Vegetarier, in dem es hauptsächlich um den Umstieg weg von Milchprodukten geht, und einen anderen, in dem es um die Umstellung weg von allen tierischen Produkten geht. Außerdem passen wir die Lebensmittel daran an, was in dem entsprechenden Land erhältlich ist. Aber in Bezug auf die Argumente für die vegetarische oder vegane Lebensweise haben wir keinen anderen Ansatz.

4) Die Diskussion um "Cyanocobalamin vs. Nicht-Cyanocobalamin" wird von vielen Veganern immer noch als wichtiges Thema angesehen. Denkst du, dass diese Diskussion überbewertet ist? 
Ist es bei hochdosierten B12-Supplementen Nahrungsergänzungsmitteln (z. B. 2000 µg pro Woche) wichtig, ob ein Veganer Vitamin B12 in Form von Cyanocobalamin oder Methylcobalamin einnimmt?

Ja, die Diskussion ist eine unnötige Ablenkung [vom Wesentlichen; Zeitverschwendung]. Wir wissen nicht, wie viel Methylcobalamin Veganer genau benötigen würden, um gesund zu bleiben, weil bisher fast keine Studien mit Methylcobalamin durchgeführt wurden. [Methylcobalamin ist eventuell/wahrscheinlich weniger stabil aus Cyanocobalamin.] Cyanocobalamin ist gut untersucht [fast alle B12-Studien basieren darauf] und gesundheitlich unbedenklich. 
Bei Methylcobalamin würde ich mich nicht auf eine geringer Dosis als 1.000 µg pro Tag verlassen - basierend auf dem, was derzeit bekannt ist. [... oder man nimmt Methylcobalamin, wenn man das denn will, und lässt sich ab und zu das Blut untersuchen, auf Vitamin B12 und Homocystein/Methylmalonsäure.] Mehr Informationen zum Thema finden sich auf unserer Website VeganHealth.org unter dem Abschnitt 
lyse der Sicherheit von Cyanocobalamin finden Sie im Abschnitt "Vitamin B12 and Cyanide". [Mehr Infos hierzu auf Deutsch auch hier.]

5) Ab und zu berichten einige Menschen, dass als Nebenwirkung von hochdosierten Vitamin-B12-Supplementen eine Art Hautauschlag [Akne, Rosazea, etc.] bekommen haben. Hast du auch schonmal von Personen gehört, die solche Hautausschläge bei niedrig dosierten Vitamin-B12-Supplementen (z. B. 10 oder 25 µg pro Tag) oder sogar beim Verzehr von mit B12 angereicherten Lebensmitteln bekommen hätten?

Ich kann mich an niemanden erinnern, der berichtet hätte, einen Hautausschlag bei einer Dosis von nur 25 µg pro Tag bekommen zu haben. Eine Dosis in dieser Höhe führt zu einer B12-Menge, die ungefähr dem unteren Bereich der Menge entspricht, die ein typischer Fleischesser in den USA oder in Europa [im Darm] absorbieren würde. Daher sollte an dieser Art von Supplementierung nichts Ungewöhnliches sein [und es sollten keine Nebenwirkungen auftreten.].